Ende Juli ist Smart InsurTech (SmIT), die Digitalplattform für die Versicherungsbranche, offiziell in den Markt gestartet. Smart InsurTech hat es sich zum Ziel gesetzt, das fragmentierte IT-Angebot im Versicherungsmarkt mit einer vollständigen Plattform zu ersetzen. Ein Geschäftsmodell, das natürlich an EUROPACE erinnert. SmIT-Aufsichtsrat Stephan Gawarecki stellte die Plattform und den dazugehörigen Markt auf der EUROPACE-Konferenz vor.

Die Ausgangsposition des Versicherungsmarkts hat sich in den letzten Jahren nicht systematisch verändert, das Gesamtvolumen beträgt rund 200 Milliarden Euro. In der Konsequenz geht es im Versicherungsmarkt aktuell darum, den anderen Teilnehmern Marktanteile abzunehmen. Beim Blick auf die Verteilung der Vertriebswege zeigt sich, dass Ausschließlichkeitsvertriebe nach wie vor den größten Marktanteil haben. In den letzten Jahren konnten allerdings die Direktvertriebe, also Onlinevertriebe, Fintechs & Co., zulegen. Für Smart InsurTech ein klares Zeichen dafür, dass sich die Kundenerwartungen ändern beziehungsweise bereits geändert haben.

Lange Zeit befolgte die Branche erfolgreich Lösungen wie „Versicherungen kauft man nicht, sie werden verkauft“. Es existieren aber Versicherungsprodukte, für die tatsächlich ein aktiver Bedarf besteht und die weniger über den klassischen Makler und mehr über den Direktvertrieb befriedigt werden können. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Kunde, der über eine Landesgrenze fährt und direkt im Anschluss auf seinem Smartphone gefragt wird, ob er eine Auslandskrankenversicherung abschließen möchte.

Diese veränderte Form der Nachfrage wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken und erfordert eine andere IT-Technik. Die vorhandene IT-Infrastruktur in der Versicherungsbranche ist veraltet und stark fragmentiert. Produktdaten, Kundendaten und Vertragsdaten befinden sich in verschiedenen Datenbanken und können meist nicht miteinander verknüpft werden. Alle Branchenmitglieder wünschen sich seit langem eine Verknüpfung dieser Daten. Dennoch besteht ein Innovationsstau, für den es je nach Marktteilnehmer unterschiedliche Gründe gibt. Den Vertriebsorganisationen und Produktgebern ging es lange Zeit zu gut. Es bestand kein Druck für Innovationen. Durch die Zinssituation und anhaltende Regulierungen in den letzten Jahren hat sich ihre Situation allerdings dramatisch verändert. Inzwischen sind die Margen zu knapp, um größere Investments angehen zu können. Die Softwarehersteller im Versicherungsmarkt sind wiederum mittelständisch geprägt und bieten Produkte an, die aus den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrtausends stammen. Weder die Kunden noch die Inhaber selbst sind in der Lage, tiefgreifende technische Innovationen zu stemmen.

Smart InsurTech sieht ein hohes Potenzial für den fünftgrößten Versicherungsmarkt der Welt. Mit seiner Finanzstärke,  IT- und Plattform-Kompetenz will es als Aggressor die Konsolidierung des Marktes vorantreiben. Um sich die passende Ausgangsposition für sein Vorhaben zu verschaffen, hat Smart InsurTech vor dem offiziellen Markteintritt drei Unternehmen zugekauft: Innosystems, einen Anbieter von Vergleichssoftware, Maklersoftware.com, ein Beratungssoftwareunternehmen und NKK,  das Vertragsverwaltungssoftware entwickelt. Seit der EUROPACE-Konferenz wurden darüber hinaus die Volz Software GmbH und die Volz Vertriebsservice GmbH erworben. Weitere Akquisitionen von Softwareanbietern und Versicherungsportfolien werden derzeit geprüft.

Die Kunden- und Bestandszahlen dieser Unternehmen bilden die Basis für eine Plattform, die für alle Marktteilnehmer attraktiv sein soll. Als nächste Schritte folgen die Harmonisierung der Technologien, der Datenhaushalte und der Oberflächen, um künftig die Marktnachfrage in einer integrierten Anwendung bedienen zu können.
Eine Dienstleistung, an der Smart InsurTech aktuell arbeitet, sind Robo-Advisor, die tatsächlich automatisch auf Basis von Produkt-, Kunden- und Vertragsdaten Beratungsanlässe generieren. Bisher ist dies in der Branche aufgrund von Medienbrüchen so nicht möglich. Ein Beispiel wäre die Kfz-Versicherung, für die am Ende des Jahres automatisch neue Ersatztarife durchgerechnet und angeboten werden – für den Vermittler oder den Endkunden.

Die integrierte Versicherungsplattform verfolgt im Ansatz das gleiche Ziel wie EUROPACE. Sie positioniert sich als Marktplatz zwischen Vertriebsorganisationen und Produktgeber und strebt eine vollständige Digitalisierung aller Arbeitsschritte an. Das Team von Smart InsurTech weiß, dass hierfür noch ein langer Weg zurückgelegt werden muss. Technologische Entwicklungen müssen vorangetrieben und Marktteilnehmer von der Notwendigkeit und den Vorteilen einer vollständigen Digitalisierung überzeugt werden.

Im Geschäftsmodell von Smart InsurTech enthalten ist die Idee, dass mittel- bis langfristig eine Transaktionsgebühr erzeugt wird, die im jeweiligen Produkt kalkuliert ist. Dann wäre die Nutzung für Vertriebsorganisationen entsprechend kostenlos. Zum vielfältigen Leistungsangebot von Smart InsurTech gehören ein breites Angebot von Versicherungsprodukten aller Sparten ebenso wie Vergleichsrechner, Consultingfunktionen, rechtliche Dokumentation, administrative Tätigkeiten, zentrale Datenhaltung und Hosting sowie Business Process Outsourcing (z. B. digitale Bestandsübertragungen, Einsatz von Robo Advisors). Das Managementteam setzt sich aus erfahrenen Mitarbeitern der übernommenen Gesellschaften sowie Mitarbeitern der Hypoport-Gruppe zusammen.  Markterfahrung wird so mit Methodenkompetenz und Finanzstärke vereint.

Die einzelnen Leistungen von Smart InsurTech können je nach Bedarf modular von den Kunden genutzt werden. Für Banken bietet sich beispielsweise ein unkomplizierter Einstieg ins Sachversicherungsgeschäft an, ohne sich zwangläufig um die Abwicklung des Geschäfts Gedanken machen zu müssen. Bisher bewegt sich Smart InsurTech vornehmlich im Segment der Versicherungsmakler und verfügt aktuell über weniger als ein Prozent Marktanteil. In den nächsten zehn Jahren soll aber ein Marktanteil von zehn Prozent erreicht werden.