Die meisten der 430 Europace-Konferenz-Teilnehmer im Berliner Scandic-Hotel am Potsdamer Platz kennen das: Kaum ist ein Flug abgeflogen, ein Hotelaufenthalt vorüber oder ein Businessdinner im Sternerestaurant zu Ende, hagelt es per E-Mail, SMS oder WhatsApp Bitten um Bewertungen.

Ein Bericht von Michael Sudahl.

Remo Fyda, CEO von ProvenExpert.com, betrachtet das Thema Kundenbewertungen bei seinem Vortrag aus Unternehmersicht: „Ein guter Ruf ist wertvoller als Gold“, wiederholt er eine These, die von Marketingprofis gerne überstrapaziert wird und in Zeiten von „Dieselgate“ und DAX-Rauswurf fast wie ein Satz von früher klingt, als  alles besser war.

Trotzdem: „It’s all about trust“, weiß der Experte für qualifiziertes Kundenfeedback: „90 Prozent der Konsumenten weltweit vertrauen Empfehlungen.“ Hierzulande sind es immerhin knapp 70 Prozent, die angeben, einer Online-Bewertung mehr zu vertrauen, als klassischer Werbung. Die sei in den vergangenen 30 Jahren immer unwirksamer geworden, so der Unternehmer. Denn hätten wir in den 80er Jahren noch täglich etwa 650 Werbebotschaften erhalten, seien es in heutigen, smarten Zeiten Minimum zehnmal so viele.

„Kundenbewertungen sind glaubwürdiger als Werbung und erreichen tausende potentielle Kunden. Das macht sie zu einem effektiven Marketinginstrument“, ruft Fyda dem Publikum in Erinnerung. Seine Empfehlung: Eine Firma sollte die Hoheit über Kundendaten, die Service und Produkte bewerten, nicht bei Google oder Facebook lassen, sondern die Online-Reputation aktiv mitgestalten. Das heißt konkret: Ein Bewertungsportal auf die eigene Homepage integrieren. Darüber ließen sich auch Bewertungen bündeln, die bereits auf anderen Portalen bestehen. Am Beispiel der Hypofact AG zeigt der CEO, wie Bewertungsmarketing aussehen kann: Der Vermittler von Baufinanzierungen wirbt auf seiner Homepage explizit mit Kundenstimmen. Die Absicht dahinter: Mit dem „social proof“ das Vertrauen neuer Nutzer zu gewinnen.

Fyda räumt dabei mit drei Mythen auf, die ihm immer wieder begegnen, wenn er Unternehmern empfiehlt, sich aktiv um Kundenbewertungen zu kümmern:

Mythos 1: Wer gut ist, bekommt auch gute Bewertungen.

Dass dies nicht zutrifft, kann jeder an sich selbst überprüfen: Wenn wir uns ärgern, beschweren wir uns. Läuft alles zu unserer Zufriedenheit, kommen wir oft gar nicht auf die Idee, dies über ein Bewertungsportal nach außen zu tragen. Deshalb gilt laut Fyda: Bitten Sie vor allem zufriedene Kunden aktiv um Feedback!

Mythos 2: Wer ein Bewertungsportal anbietet, kann leicht die Kontrolle darüber verlieren.

Die Zeiten, in denen sich Kundenfeedback noch selbst steuern ließ, sind lange vorbei. Denn über Google-Bewertungen oder Portale wie kununu oder trustpilot kann jeder Firmen oder Dienstleistungen bewerten. Umso mehr Sinn macht es laut Fyda, seinen Kunden ein eigenes Bewertungsportal anzubieten. So lässt sich dann auch steuern, welches Feedback veröffentlicht wird.

Mythos 3: Die Angst vor schlechten Bewertungen    

„95 Prozent der Verbraucher vermuten Manipulation, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung mit mehr als viereinhalb von fünf möglichen Sternen bewertet ist“, erklärt der Proven-Expert-Geschäftsführer dazu. Dagegen vertrauen mehr als zwei Drittel der Konsumenten einem Unternehmen auch – oder gerade dann – wenn sie einige negative Kommentare lesen. Aktiv eingeholtes Feedback ermöglicht den Dialog mit dem Kunden – ob Fan oder Beschwerdeführer. Fydas Erfahrungen zeigen: „Wer sich 15 Minuten wöchentlich mit Bewertungsmarketing beschäftigt, kann seinen Umsatz um zehn Prozent steigern.“