Schön und gut – jetzt also Kreisstruktur, jeder darf machen und das große Gewusel beginnt. Sicherlich fließen hier viel kreative Kräfte zusammen, aber wer behält da noch den Überblick? Wie werden Ziele gemessen? Gibt es Ziele überhaupt noch? Auch auf diese Fragen hat Europace eine Antwort gefunden – nach einigen Runden im Kreis.

Um Aufgaben klar zu umreißen, Zeitrahmen zu setzen und letztendlich eine messbare Auswertung gewährleisten zu können, entschied man sich 2018 bei Europace für die von Intel entwickelte Managementmethode OKR (Objective and Key Results). Für jedes Quartal werden Ziele (Objectives) formuliert, und dazu eine immer gleiche Anzahl an Kernergebnissen (Key Results) festgelegt, die für die erfolgreiche Zielerfüllung umgesetzt werden sollen. Doch nach einiger Zeit wurde deutlich, das die angewandte OKR-Methode in der bereits etablierten Holakratie-Struktur bei Europace nicht so funktionierte, wie erwartet. Ein Kritikpunkt zum Beispiel war die lange Zeitspanne von drei Monaten, die als Rahmen für die Erfüllung der Ziele vorgegeben war. Die feste Struktur stand im starken Gegensatz zur fluiden Problemslösungsmethodik der einzelnen Kreise und behinderte oft statt zu unterstützen. Ganz im holakratischen Sinne passte man die Methode speziell an die Bedürfnisse der Belegschaft an. Heute formulieren die Teams Mid-Term-Goals und reporten in regelmäßigen Abständen über deren Fortschritt.

Jedem sein eigenes pace – Europace

Die Firmenphilosophie von Europace sieht den Menschen klar als Teil eines lebenden Organismus und nicht einfach nur als Ressource, die es auszuschöpfen gilt. In Kennerknechts Worten: „Wir erzielen Wachstum durch die Arbeit und wie wir zusammenarbeiten und nicht weil wir morgens ins Büro kommen und sagen ‚Heute spiel ich wieder fünf Stunden Solitär!'“ Unterstützt wird das knapp 200 Personen starke Team von vier festangestellten Vollzeit-Coaches. Gemeinsam mit ihnen formulieren die Mitarbeiter ihre persönlichen Vorstellungen, Ziele und Motivationen und erarbeiten individuelle Prioritäten. Diese Selbstreflexion bewirkt, dass die Angestellten nicht nur sich selbst, sondern auch Kollegen gegenüber ehrlich und klar Position beziehen. Das führt zwar hin und wieder zu Spannungen, hier helfen aber die Coaches professionelle Lösungen zu erarbeiten und jeder bewältigte Konflikt bringt das gesamte Team einen Schritt weiter.

Auch Neuzugänge können auf die Hilfe der Coaches zählen, denn gerade beim Jobeinstieg fühlen sich viele in der neuen Struktur verloren. Sie müssen nicht nur das Produkt kennenlernen, verstehen, welche Dokumente wie abgelegt werden und herausfinden, wo die Kaffeetassen stehen. Sie müssen lernen, loszulassen und sich dabei in der neuen Struktur wiederzufinden. Manchmal arbeitet man plötzlich an ganz anderen Dingen und muss erst begreifen, dass dies Teil des Konzeptes ist und nicht fehlende Planung oder falsche Personalpolitik.

Wenn alles läuft, bleibt Zeit für Neues

Europace sieht sich als Vorreiter mit einer gesellschaftlichen Verantwortung: seinen Angestellten eine selbstbestimmte Arbeitsweise zu bieten und den Kunden ein gutes Produkt. Ein Produkt, das geschaffen und ständig optimiert wird von Menschen, die ihren beruflichen Alltag endlich in Einklang mit ihrem Privatleben bringen wollen. Dort wie hier müssen sie Verantwortung übernehmen und sich jeden Tag neu entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten möchten. Selbstreflexion, Priorisierung und Entscheidungen fällen sind Dinge, die jeder ständig im privaten Alltag bewerkstelligen muss, wieso sollte man dieses Können im Berufsleben anderen, oft nur einem Einzelnen überlassen?

Welches Regelwerk und welche Managementmethode man dem zugrunde legt, muss individuell auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter abgestimmt werden. Holakratie ist nicht für jeden die Lösung, aber für Stefan Kennerknecht und sein Team bei Europace: „Ich freue mich, wenn es läuft, dann hab ich weniger zu tun und kann mich neuen Aufgaben widmen.“ Und dann geht er und setzt sich im Nachbarbüro zu seinem Kollegen auf die neue Couch.